Nun könnte es bereits diesen Winter knapp werden mit der Stromversorgung in der Schweiz – und nicht erst 2025, wie lange behauptet.
Haben Sie schon eine Notstromanlage gekauft? Vielleicht wäre es an der Zeit, diesen Schritt in Betracht zu ziehen. Sie finden dies etwas gar alarmistisch, übertrieben? Vielleicht. Doch ist es eben so, dass die offiziellen Stellen immer eindringlicher vor einer Stromlücke warnen. Ursprünglich sagte die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom), der Winter 2025 könnte kritisch werden. Nun wird es zunehmend dringlicher: Gemäss einer Medienorientierung der Elcom von letzter Woche könnte es bereits im kommenden Winter zu Versorgungsengpässen kommen. Lesen Sie die Merkblätter des Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) zu stationären Einrichtungen und für landwirtschaftliche Betriebe.
Schliesslich sind die in den Wintermonaten so wichtig gewordenen Importe massiv in Frage gestellt: «Ein Drittel des europäischen Gasverbrauchs fliesst in die Stromerzeugung», rechnet die NZZ vor. Davon stamme wiederum rund ein Drittel aus Russland. Viel wird davon abhängen, wie viel russisches Erdgas im kommenden Winter zur Verfügung stehen wird. Einen partiellen Lieferstopp könnte die EU mit Erdgas von anderen Ländern ersetzen, sagte Elcom-Präsident Werner Luginbühl an der Medienorientierung von letzter Woche. In diesem Szenario gebe es weiterhin genügend Gas für die Stromproduktion. Zudem könne die Schweiz mit Importen aus Deutschland und Italien rechnen. Unerwähnt bleibt, dass der Stromfluss zwischen der Schweiz und Italien in der Regel in die Gegenrichtung geht. Die Schweiz versorgt Italien in erheblichem Umfang mit Strom. Sich auf italienische Importe zu verlassen, scheint angesichts dieser Tatsache etwas gar optimistisch.
Sollte gar kein russisches Gas mehr in Richtung Europa fliessen, dürfte auch die Importfähigkeit von Strom in Frage gestellt sein. Zumal es nicht nur eine Knappheit beim Strom aus Gas gebe, sondern auch beim Atomstrom: «Rund die Hälfte der 56 Reaktoren in Frankreich stehen derzeit still. Bei einem Teil handelt es sich um geplante Wartungen. Andere AKW mussten aufgrund von unerwarteten Korrosionsproblemen vom Netz genommen werden», schreibt die NZZ. Frankreich hat viele baugleiche Kernkraftwerke, und wenn bei einem ein Problem eintritt, werden immer alle baugleichen abgestellt und untersucht.
Schlechte Voraussetzungen für den kommenden Winter. Wobei Präsident Luginbühl selbst angesichts dieser Zahlen noch einigermassen zuversichtlich tönt: Der zurzeit reduzierte Stromverbrauch der Industrie und die gute Verfügbarkeit der Schweizer AKW seien Faktoren, die helfen würden, dass es nicht zum Ärgsten komme: «Es ist zu hoffen, dass dies bis zum nächsten Frühsommer so bleibt. Denn falls ein Schweizer Kernkraftwerk unerwartet vom Netz muss, könnte es schnell kritisch werden», bilanziert die NZZ.
Die schon länger geplante Wasserkraftreserve wurde vom Bundesrat nun bereits für den kommenden Winter initiiert. Die Betreiber von Wasserwerken werden also ein Entgelt erhalten, damit sie gewisse Kapazitäten zurückhalten für den Notfall. Einen längeren Ausfall eines Schweizer Kernkraftwerkes kann diese Reserve aber nicht ausgleichen. Die ElCom prüft daher noch weitere Massnahen, welche die Stromversorgung sicherstellen sollen. All dies sieht ehrlich gesagt eher nach Flickwerk denn nach kohärenter Energiepolitik aus. Was klar ist: Unsere Stromversorgung hängt nicht nur im nächsten Winter von den verbleibenden Kernkraftwerken ab, sie tut dies seit Jahren. Es wäre an der Zeit, dies endlich anzuerkennen. Bis dahin sollte die Anschaffung eines Notstromaggregats ernsthaft geprüft werden.